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Ambulante psychiatrische Versorgung aus Klinikperspektive

Zur Stärkung der ambulanten psychiatrischen Versorgung und Ausbau des Behandlungsangebots gibt es für Krankenhäuser verschiedene Möglichkeiten. Neben einer „klassischen“ Teilhabe an der KV-Versorgung durch die Gründung eines MVZ haben viele Krankenhäuser in der Vergangenheit Psychiatrische Institutsambulanzen (PIA) eröffnet.

6. März 2025

Ambulante psychiatrische Versorgung aus Klinikperspektive

Kira Reimann

Zur Stärkung der ambulanten psychiatrischen Versorgung und Ausbau des Behandlungsangebots gibt es für Krankenhäuser verschiedene Möglichkeiten. Neben einer „klassischen“ Teilhabe an der KV-Versorgung durch die Gründung eines MVZ haben viele Krankenhäuser in der Vergangenheit Psychiatrische Institutsambulanzen (PIA) eröffnet.

In diesem Beitrag gehen wir den Fragen nach, was zeichnet PIAs aus? Wo liegen Vor- und Nachteile in den Versorgungskonzepten? Und welche Empfehlungen lassen sich unter strategischen, wirtschaftlichen und versorgungstechnischen Aspekten ableiten?

Psychiatrische Institutsambulanzen und Psychosomatische Institutsambulanzen in Deutschland: Hintergrund und Entwicklungen

Psychiatrische Institutsambulanzen bilden einen wichtigen Bestandteil der Behandlung schwer psychiatrisch erkrankter Patient*innen. Ihr multiprofessionelles Behandlungsangebot richtet sich an Menschen, die aufgrund der Schwere, Art oder Dauer ihrer Erkrankung eine krankenhausnahe Behandlung benötigen.

Die rechtlichen Grundlagen für die Ermächtigung einer PIA begründet sich in §118 Abs. 1 und 2 SGB V und befähigt Fachkrankenhäuser oder Allgemeinkrankenhäuser mit einer eigenständigen psychiatrischen Abteilung zur Eröffnung einer PIA. 2013 wurde diese Ermächtigung auf die Psychosomatik ausgeweitet (§118 Abs. 3 SGB V). Zum Vergleich: Psychiatrischen Fachkrankenhäusern wurde bereits im Jahr 1976 durch § 368 Absatz 6 Reichsversicherungsordnung die Ermächtigung gewährt. Der Paragraph 118 wurde in seiner ursprünglichen Fassung 1989 veröffentlicht. Seit 2000 sind Allgemeinkrankenhäuser bei regionaler Versorgungsverpflichtung ermächtigt, eine PIA zu eröffnen.

Die psychosomatischen Institutsambulanzen (PsIA) folgen dem gleichen Behandlungsansatz und richten sich an Patientinnen und Patienten mit psychischen Grunderkrankungen, bei denen somatischen Begleiterkrankungen auftreten, die eine Kombinationsbehandlung beider Erkrankungsanteile erfordern.

Für die PIA sowie für die PsIA bestehen Rahmenverträge zwischen der DKG, KBV und GKV, die unter anderem Diagnosegruppen, strukturelle Mindestanforderungen sowie Behandlungsziele festlegen.

Die Vergütung der PIA und PsIA erfolgt in Deutschland heterogen und bundeslandabhängig. In den meisten Ländern findet sich eine Pauschalvergütung pro Quartal. Dabei hat sich in Bayern eine Einzelleistungsvergütung („Bayerisches Modell“) etabliert, welche in den letzten Jahren von weiteren Bundesländern (Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg) übernommen wurde. In der achten Stellungnahme der Regierungskommission zu den „Psych-Fächern“ wird die PIA als „bürokratiearme, einfache Dokumentations- und Abrechnungsmöglichkeit“ für eine bundeseinheitliche Umsetzung analog dem bayrischen Modell empfohlen.

KV Zulassungen und MVZ Gründungen

Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung nehmen aktuell rund 187.441 Ärzt*innen sowie Psychotherapeut*innen an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Dabei ist die Aufteilung zwischen kooperativen Strukturen, wie Berufsausübungsgemeinschaften oder MVZ (~47%) und Einzelpraxen ähnlich. Die Anzahl der in kooperativen Strukturen Tätigen steigt dabei allerdings deutlich stärker an als in Einzelpraxen. Diese Zahlen variieren sehr stark nach Fachgruppen, so sind nur ca. 8 % der ärztlichen Psychotherapeut*innen in kooperativen Strukturen tätig. Bei den psychologischen Psychotherapeut*innen sind es knapp 12 %, bei den KJ-Psychiater*innen knapp 34 % und im Bereich der Nervenärzt*innen ca. 53%.

In Deutschland gab es Stand 31.12.2023 insgesamt 4.897 MVZ, davon befanden sich 2.336 in Trägerschaft von Krankenhäusern (Mehrfachträgerschaft möglich). Ein Großteil (~ 94 %) der Ärzt*innen sowie Psychotherapeut*innen, die in den MVZ arbeiten sind Angestellte, nur ein geringer Anteil (~ 6%) sind als Vertragsärzt*innen bzw. Vertragspsychotherapeut*innen tätig.  Im Durchschnitt arbeiten in einem krankenhausgeführten MVZ 7,2 Ärzt*innen (6,1 über alle Träger hinweg), im Median 5,0 (4,0 über alle Träger hinweg). Somit zeigt sich ein leicht höherer Personalkörper im Krankenhaus MVZ Bereich.

Die am stärksten vertretenen Fachgruppen sind Hausärzt*innen (1.680 MVZ), Innere Medizin (1.236 MVZ) und Chirurgie und Orthopädie (1.168 MVZ).

Die Anzahl der MVZ für Nervenheilkunde/ Neurologie/ Psychiatrie (508), Psychologische Psychotherapie (281), Ärztliche Psychotherapie (132), Kinder- und Jugendpsychotherapie (67) sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie (73) fallen deutlich geringer aus.

Grundlegend gilt hierbei zu betrachten, dass für die genannten Fachärzt*innen unterschiedliche Planungsgebiete gelten. So werden Nervenärzt*innen und Psychotherapeut*innen (“Allgemeine fachärztliche Versorgung”) auf Kreisebene geplant, Kinder- und Jugendpsychiater*innen (“Spezialisierte fachärztliche Versorgung”) nach Raumordnungsregion.

Chancen von Krankenhaus MVZs im Psychotherapeutischen/ Psychiatrischen Bereich

Im Vergleich zu anderen Fachgebieten scheint das Geschäftsmodell MVZ in den Psych-Fächern noch nicht so stark verbreitet. Insbesondere die psychotherapeutisch arbeitenden Berufsgruppen weisen einen sehr hohen Anteil an Einzelpraxen auf.

Mögliche Gründe hierfür können sein: Die Konsolidierungsprozesse am ambulanten Markt sind zum Teil von Investoren getrieben. Insbesondere Fächer, in denen durch Prozessoptimierungen wirtschaftliche Potenziale realisiert werden können, können sinnvoll in MVZ-Strukturen eingegliedert werden. Dazu zählen beispielweise Fachbereiche wie Radiologie und Nephrologie (Dialyse). Die Optimierung psychotherapeutischer Leistungen hingegen wird dominiert durch die zeitliche Personalressource, hier gibt es nur wenig Spielraum Optimierungspotenziale zu realisieren.

Nichtsdestotrotz können MVZs – vorausgesetzt einer guten Planung und Steuerung – im psychotherapeutischen/ psychiatrischen Bereich auch Chancen bieten. So kann durch die Teilhabe an der KV-Versorgung, anders als in der PIA, durch die Möglichkeit zur Richtlinien-Psychotherapie ein neues Leistungsangebot aufgebaut werden. Auch finden die Restriktionen (Einschlusskriterien für die Behandlung) gemäß PIA keine Anwendung. Allerdings gilt zu beachten, dass das Leistungsangebot immer auf den Umfang der Ermächtigung beschränkt ist und die Anforderungen an KV-Ermächtigungen zu erfüllen sind.  

Der Entscheidung als psychiatrischer/psychosomatischer Krankenhausträger an der KV-Versorgung teilzunehmen, sollte daher eine realistische Leistungs- und Businessplanung voraus gehen. Insbesondere ist in einem ersten Schritt die Inbetriebnahme einer PIA/PsIA zu prüfen.

Chancen von PIAs und Kriterien für eine erfolgreiche PIA

Im Rahmen der multiprofessionellen Behandlung schwer psychiatrisch erkrankter Patienten im Setting einer PIA ist es möglich, das Leistungsspektrum der gesamten psychiatrisch-psychotherapeutischen Diagnostik und Therapie anzubieten. Darüber hinaus sind PIAs in der Regel flexibel in die Klinikstruktur integrierbar, bieten eine sinnvolle Anbindung zur nachstationären Versorgung und unterstützen somit eine settingübergreifende Patientenversorgung. Aus einer wirtschaftlichen Perspektive können PIAs erfahrungsgemäß ökonomisch gut geführt werden. Eine zusätzliche Chance in der Vergütung ergibt sich bei Anwendung des bayerischen Modells. Zudem können Assistenzärzte im Rahmen ihrer Weiterbildung in PIAs eingesetzt werden (es gilt der Facharztstandard).

Allerdings ist keine reine Behandlung gemäß Psychotherapie-Richtlinie möglich sowie keine Leistungserbringung in der PsIA für Kinder- und Jugendliche unter 16 Jahren. Zudem müssen Strukturkriterien erfüllt werden, die, in der PsIA noch stärker als in der PIA, vor allem den Personalkörper betreffen.

Damit lassen sich einige Kriterien für eine erfolgreiche PIA / PsIA ableiten:

  • Effektive Planung: Realistische Leistungs- und Businessplanung
  • Prozessuale Steuerung: Settingübergreifende Patientenversorgung, sinnvolle Anbindung zur nachstationären Versorgung
  • Wirtschaftliche Steuerung: Etablierung entsprechender Ambulanzberichtswesen und gesteuerten Personalressourcen
  • Personalallokation: Erfüllung der Strukturkriterien (Berufsgruppen, Berufserfahrung)
  • Leistungssteuerung: Evaluation der Leistungskennzahlen und gezielte Steuerung/ Ursachenanalyse bei Auffälligkeiten

Welches Konzept empfiehlt sich unter strategischen, wirtschaftlichen und versorgungstechnischen Aspekten?

Grundsätzlich gilt: Es bedarf immer standortspezifischer Informationen, einer strategischen Entscheidung sowie der Evaluationen von bereits bestehenden Strukturen und Ressourcen.

Insgesamt lässt sich dennoch festhalten, dass eine PIA / PsIA sowohl im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit als auch auf die Integration in bereits bestehende Strukturen Vorteile aufweist. Treten bei einer bestehenden PIA/ PsIA Schwierigkeiten in der Leistungserbringung (Leistungsmenge, Organisation, Prozesse) auf, sollten diese evaluiert und strukturiert gelöst werden.

MVZs werden häufig durch Krankenhäuser gegründet, um Synergien zu schaffen, wie beispielsweise ein optimiertes Zuweisermanagement. Doch um MVZs wirtschaftlich betreiben zu können müssen sie als eigenes Konzept, losgelöst vom Krankenhausalltag und mit einer entsprechenden Strukturgröße gesehen und geplant werden. Das beinhaltet vor allem die Bereitschaft, Management-Kompetenzen im ambulanten Bereich aufzubauen. Nur durch eine stringente Umsetzung und hohe Expertise, unter anderem bezüglich der Leistungssteuerung und der ambulanten Abrechnung, können sich die geschaffenen Strukturen und Prozesse ausreichend entfalten.

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Quellen: Vereinbarung zu Psychiatrischen Institutsambulanzen zwischen GKV, DKG & KBV; BMG; Ärzteblatt; KBV 

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